Автор работы: Пользователь скрыл имя, 19 Апреля 2011 в 13:39, доклад
Der deutsche Schriftsteller ist vor allen Dingen bekannt als Erzähler. Viele der Geschichten beschreiben satirisch die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland anhand des Innenlebens seiner Buchhelden. Das Scheitern ihrer Wünsche und Vorhaben oder ihre deformierte Persönlichkeit sind ein Spiegel der gesellschaftlichen Verhältnisse und Einflüsse. Die dabei von Walser verwendete Sprachökonomie und Präzision haben großen Anteil an seinem literarischen Erfolg. Seine Erzählwerke nehmen verschiedene Traditionen auf wie zum Beispiel das absurde Theater. Darüber hinaus ist Martin Walser ein exzellenter Essayist. Er ist einer der bedeutendsten deutschsprachigen Schriftsteller unserer Zeit..
ГОУ ВПО «Мордовский государственный университет
им. Н.П.Огарёва»
Факультет иностранных языков.
Кафедра немецкой
филологии.
Das Schaffen und
Werke von Martin Walser.
Саранск 2011 год
Martin Walser
Der deutsche Schriftsteller ist vor
allen Dingen bekannt als Erzähler. Viele der Geschichten beschreiben
satirisch die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland anhand des
Innenlebens seiner Buchhelden. Das Scheitern ihrer Wünsche und Vorhaben
oder ihre deformierte Persönlichkeit sind ein Spiegel der gesellschaftlichen
Verhältnisse und Einflüsse. Die dabei von Walser verwendete Sprachökonomie
und Präzision haben großen Anteil an seinem literarischen Erfolg.
Seine Erzählwerke nehmen verschiedene Traditionen auf wie zum Beispiel
das absurde Theater. Darüber hinaus ist Martin Walser ein exzellenter
Essayist. Er ist einer der bedeutendsten deutschsprachigen Schriftsteller
unserer Zeit...
Biografie
Martin Walser wurde am 24. März 1927
als Sohn eines Gastwirtes in Wasserburg (Bodensee) geboren.
Den Zweiten Weltkrieg erlebte Martin
Walser im Arbeitsdienst und als Flakhelfer mit. Er geriet in amerikanische
Kriegsgefangenschaft. Ab 1947 studierte er in Regensburg Literaturwissenschaft,
Geschichte und Philosophie, ab 1948 in Tübingen. Walser war ab 1949
als Reporter, Redakteur und Hörspielregisseur beim Süddeutschen Rundfunk
in Stuttgart tätig.
Im Jahr 1951 promovierte er mit einem
Thema über Franz Kafka und 1953 wurde er Mitglied in dem demokratischen
Schriftsteller- und Publizistenzusammenschluss "Gruppe 47".
1957 zog er nach Friedrichshafen am Bodensee und arbeitete dort als
freier Schriftsteller. 1968 zog er um nach Nußdorf bei Überlingen.
1955 erhielt er den Preis der "Gruppe 47" für sein Erzählstück
"Templones Ende".
Im gleichen Jahr erweckte er das öffentliche
Interesse an seinem literarischen Schaffen mit der Erzählung "Ein
Flugzeug über dem Haus". Für seinen Erstlingsroman "Ehen
in Philippsburg" erhielt Walser 1957 der Hermann-Hesse-Preis. "Halbzeit",
der erste Teil der Romantrilogie über den Antihelden Anselm Kristlein,
erschien 1960. Die beiden anderen Teile folgten 1966 mit "Das Einhorn"
und 1973 mit "Der Absturz". Auch späterhin schuf Walser gern
Roman-Serien mit ein und demselben Helden.
In Walsers Werken sind es aber Anti-Helden,
die durch ihr Innenleben die gesellschaftlichen Zustände und Einflüsse
preisgeben. An ihnen sowie oftmals an der eigenen Persönlichkeit scheitern
sie. 1962 wurde der Schriftsteller mit dem Gerhart-Hauptmann-Preis ausgezeichnet.
1978 wurde seine bekannte Novelle "Ein fliehendes Pferd" veröffentlicht.
Die Problematik zur Midlife-Crisis wird mit einer ausgezeichneten Sprachökonomie
und Präzision beschrieben, die zum Erfolg des Werkes beitrugen.
Berufliche Erfolglosigkeit, Minderwertigkeitsgefühle,
Altern oder unerfüllte Hoffnungen sind Themen vieler Romane von Walser
wie zum Beispiel "Jenseits der Liebe" (1976), "Brief
an Lord Liszt" (1982), "Brandung" (1985), "Das Schwanenhaus"
(1980) oder "Jagd" (1988). Die Anti-Helden beschäftigen sich
analysierend oder beschreibend mit ihrem Inneren und vermitteln dem
Leser gesellschaftliche und persönliche Stolperhürden. 1981 erhielt
Martin Walser Deutschlands höchste Literaturauszeichnung, den Georg-Büchner-Preis.
Im Jahr 1990 wurde er mit der Carl-Zuckmayer-Medaille,
dem Ricarda-Huch-Preis und dem Großen Literaturpreis der Bayerischen
Akademie der Schönen Künste geehrt. Zur Teilung von Deutschland bekannte
er 1988 öffentlich, dass er sich damit nicht abfinden könnte. Sein
1991 veröffentlichter Roman "Die Verteidigung der Kindheit"
steht im Zusammenhang mit der politischen Geschichte Deutschlands vom
Zweiten Weltkrieg und der deutschen Einheit, die mit der Biografie eines
realen Vorbildes, dem nach Walser-Manier typischen Anti-Helden Alfred
Dorn, verknüpft ist.
Auch in dem Roman "Finks Krieg"
(1996) ist eine reale Lebensgeschichte Vorbild. Dabei geht es um den
politischen Alltag in Deutschland sowie parteipolitische Intrigen, die
zur Entlassung eines hessischen Ministerialrats führen. 1998 kam der
Roman "Ein springender Brunnen" heraus, indem Walser nicht
nur sein eigentliches Kinder- und Jugenddasein beschreibt, sondern auch
die Entwicklung und das Ende des Dritten Reiches. Im gleichen Jahr wurde
er mit dem Friedenspreis den Deutschen Buchhandels geehrt.
In seiner Dankesrede vertrat er die
Meinung, dass die ständige Erinnerung an die Judenvernichtung einen
Gewöhnungseffekt und damit eine bewusste Ausblendung erziele. In der
dadurch eingeläuteten öffentlichen Kontroversdiskussion warf Ignatz
Bubis, der Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, dem
Schriftsteller "geistige Brandstiftung" vor. Walser präzisierte,
dass damit kein Schlussstrich unter der Geschichte gemeint sei. Bubis
und Walser kamen in einem gemeinsamen Gespräch überein, dass für
die Schreckensvorgänge an den Juden noch keine angemessene Sprache
gefunden worden sei.
Die deutschen Buchhändler wählten
Martin Walser 1999 zum "Autor des Jahres 1998". Neben satirischen
Gesellschaftsromanen befasste er sich darüber hinaus mit der nationalsozialistischen
Vergangenheit, mit dem Kapitalismus sowie mit den politischen Themen
Verdrängung und Kontinuität. In den politischen Bereich gehen auch
seine Arbeiten, die nach dem Rollenverständnis der Intellektuellen
in der Politik nachfragen – anhand von historischen Ereignissen
wie der Bauernkrieg oder anhand von Personen wie Johann Wolfgang von
Goethe.
Zu den weiteren Werken von Martin Walser
zählen unter anderem "Halbzeit" (1960), "Eiche und Angora.
Eine deutsche Chronik" (1962), "Der Schwarze Schwan"
(1964), "Überlebensgroß Herr Kott. Requiem für einen Unsterblichen"
(1964), "Ein Kinderspiel" (1970), "Der Sturz" (1973),
"Seelenarbeit" (1979), "In Goethes Hand. Szenen aus dem
19. Jahrhundert" (1982), "Meßmers Gedanken" (1982),
"Über Deutschland reden" (1988), "Ohne einander"
(1993), "Vormittag eines Schriftstellers" (1994), "Ich
vertraue. Querfeldein. Reden und Aufsätze" (2000) oder Der Lebenslauf
der Liebe" (2001).
Polemiken und Kritik rief 2002 sein
Roman "Tod eines Kritikers" noch im Vorfeld der Publikation
hervor: Der Kritikerroman zeichnet mit unmissverständlicher Anspielung
auf den Literaturkritiker Marcel Reich Ranicki und dem Rückgriff auf
antisemitische Stereotypen ein negatives Bild einer jüdischen Kritikerautorität,
die die Entfaltung deutscher" Kreativität verhindern würde.
Vor dem Hintergrund seiner missverständlichen
Rede von 1998 nähren die neuerlichen antisemitischen Suggestionen Martin
Walsers in der Öffentlichkeit nunmehr den Verdacht, dass der sprachgewandte
Literat seine Worte nicht unabsichtlich wählte, sondern bewusst mit
dem Feuer spielt.
Werke
Brunnen von Peter Lenk in Überlingen
Ein immer wiederkehrendes Motiv Walsers
ist das Scheitern am Leben. Walsers Helden tragen meist einsilbige Nachnamen
(„Dorn“, „Halm“, „Zürn“, „
Originalausgaben
Beschreibung einer Form. Versuch über die epische Dichtung Franz Kafkas. Dissertation, Beißner, Tübingen 1951
Ein Flugzeug über dem Haus und andere Geschichten, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1955
Ehen in Philippsburg, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1957
Halbzeit. Roman, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1960
Eiche und Angora. Eine deutsche Chronik, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1962
Überlebensgroß Herr Krott. Requiem für einen Unsterblichen, Suhrkamp (es 55), Frankfurt am Main 1964
Lügengeschichten, Suhrkamp (es 81), Frankfurt am Main 1964
Unser Auschwitz. In: Kursbuch Nr. 1, hrsg. von Hans Magnus Enzensberger, 1965, S. 189–200. (Über den Auschwitzprozess)
Erfahrungen und Leseerfahrungen, Suhrkamp (es 109), Frankfurt am Main 1965
Das Einhorn. Roman, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1966
Der Abstecher. Die Zimmerschlacht (2 Stücke, geschrieben 1961 bzw. 1962/63/67), Suhrkamp (es 205), Frankfurt am Main 1967
Heimatkunde. Aufsätze und Reden, Suhrkamp (es 269), Frankfurt am Main 1968
Ein Kinderspiel. Stück in zwei Akten, Suhrkamp (es 400), Frankfurt am Main 1970
Fiction. Erzählung, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1970
Aus dem Wortschatz unserer Kämpfe. Szenen. Mit 16 Graphiken von Peer Wolfram, Eremiten-Presse, Stierstadt 1971
Die Gallistl'sche Krankheit. Roman, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1972
Der Sturz. Roman, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1973
Das Sauspiel. Szenen aus dem 16. Jahrhundert, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1975
Jenseits der Liebe. Roman, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1976
Ein fliehendes Pferd, Novelle, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1978
Seelenarbeit. Roman, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1979
Das Schwanenhaus. Roman, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1980
Selbstbewußtsein und Ironie. Frankfurter Vorlesungen, Suhrkamp (es 1090), Frankfurt am Main 1981
Walsers Signatur
Brief an Lord Liszt. Roman, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1982
In Goethes Hand. Szenen aus dem 19. Jahrhundert, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1982
Liebeserklärungen, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1983
Brandung. Roman, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1985
Meßmers Gedanken, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1985
Geständnis auf Raten, Suhrkamp (es 1374), Frankfurt am Main 1986
Die Amerikareise. Versuch, ein Gefühl zu verstehen (mit André Ficus), Kunstverlag, Weingarten 1986
Dorle und Wolf. Eine Novelle, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1987
Jagd. Roman, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1988
Über Deutschland reden, Suhrkamp (es 1553), Frankfurt am Main 1988
Die Verteidigung der Kindheit. Roman, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1991
Das Sofa. Eine Farce (geschrieben 1961), Suhrkamp, Frankfurt am Main 1992
Ohne einander. Roman, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1993
Vormittag eines Schriftstellers, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1994
Kaschmir in Parching. Szenen aus der Gegenwart, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1995
Finks Krieg'. Roman, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1996
Deutsche Sorgen, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1997
Heimatlob'. Ein Bodensee-Buch (mit André Ficus), Insel, Frankfurt am Main 1998
Ein springender Brunnen. Roman, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1998
Am Wasser. Ein Bilderbuch. Sanssouci Verlag, München 2000
Der Lebenslauf der Liebe. Roman, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2001
Tod eines Kritikers. Roman, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2002
Meßmers Reisen, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003
Der Augenblick der Liebe. Roman, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2004
Die Verwaltung des Nichts. Aufsätze, Rowohlt, Reinbek 2004
Leben und Schreiben. Tagebücher 1951–1962, Rowohlt, Reinbek 2005 ISBN 978-3-499-24427-8
Angstblüte. Roman, Rowohlt, Reinbek 2006
Der Lebensroman des Andreas Beck, Edition Isele, Eggingen 2006
Das geschundene Tier. Neununddreißig Balladen, Rowohlt, Reinbek 2007 [10]
Ein liebender Mann. Roman, Rowohlt, Reinbek 2008 ISBN 978-3-498-07363-3
Leben und Schreiben, Tagebücher 1963–1973, Rowohlt, Reinbek 2008 ISBN 978-3-498-07358-9
Mein Jenseits. Novelle, Berlin University Press, Berlin 2010 ISBN 978-3-940432-77-3
Leben und Schreiben, Tagebücher 1974–1978, Rowohlt, Reinbek 2010 ISBN 978-3-498-07369-5
Sammelausgaben
Drei Stücke. Eiche und Angora. Überlebensgroß Herr Krott. Der schwarze Schwan. Mit einem Nachwort von Werner Mittenzwei, Aufbau, Berlin/Weimar 1965
17 Geschichten, Zürich, Ex Libris 1969
Gesammelte Stücke, Suhrkamp (st 6), Frankfurt am Main 1971
Was zu bezweifeln war. Aufsätze und Reden 1958–1975. Auswahl von Klaus Schuhmann, Aufbau, Berlin/Weimar 1976
Gesammelte Geschichten, Suhrkamp (Weißes Programm im 33. Jahr), Frankfurt am Main 1983
Fingerübungen eines Mörders. Zwölf Geschichten (ausgewählt vom Autor), Suhrkamp (st 2324), Frankfurt am Main 1994
Zauber und Gegenzauber. Aufsätze und Gedichte, Isele, Eggingen 1994
Mit der Schwere spielen. Lesebuch, ausgewählt von Hans Christian Kosler, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1995
Werke in zwölf Bänden, hg. v. Helmuth Kiesel, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1997
Ich vertraue. Querfeldein. Reden und Aufsätze, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2000
Die großen Romane, 6 Bände, Suhrkamp,
Frankfurt am Main 2002
„Chemnitzer Zähne“
Ironie in Martin Walsers Werk
der 1970er- und 1980er-Jahre
In seinen Frankfurter Vorlesungen
(1981) weist Martin Walser die „reine Ironie“ und die „rhetorische
Ironie“, als Sprachformen, der Erziehung bzw. der Unterhaltung zu.
In dieser Arbeit werden sie als zwei Relationsmodelle zwischen Bewusstsein/Geist
und Körper/Buchstabe aufgefasst. Der implizite Vorwurf, den Walser
als Autor dem Vertreter der „rhetorischen Ironie“ Schlegel macht,
ist, dass er ein Ironie-Konzept vertritt, nach dem Bewusstsein/Geist
vom Körper/Buchstabe „technisch zu trennen“ seien. In dieser Arbeit
wird die Gegenüberstellung „reine Ironie“ vs. „rhetorische Ironie“
als Opposition von Ironie der Erziehung und Ironie der Unterhaltung
hauptsächlich als Folge seiner verfehlten Schlegel-Lektüre erkannt.
Walser teilt all das, was er bespricht, in ein dichotomisches Modell
auf, und damit „gut“/„rein“ und „böse“/„rhetorisch“
auch durch historische Figuren belegt werden
können, ordnet er die genannten Denker in das Modell ein, verkürzt aber damit eindeutig Friedrich Schlegels Ironiebegriff.
Die Polarisierung, die Walser in seinen
Vorlesungen vornimmt, lässt sich auch in seinem Werk der 1970er- und
der 1980er-Jahre auffinden. Auch hier gibt es eine Art Gegenüberstellung
zwischen einem Guten oder Knecht und einem Bösen oder Herrscher. In
den besprochenen Werken lassen sich narrative Inszenierungen von fiktiven
Konflikten ausmachen, durch die die Welt in Gut und Böse aufgeteilt
erscheint. Dabei ist die Gegenspieler-Seite, die das Böse verkörpert,
deshalb sehr wichtig, weil die Güte der als „rein“ inszenierten
Figur vor dem Hintergrund des Bösen erst überzeugend erscheinen kann.
Diese Arbeit kommt zum Ergebnis, dass Walsers in den Vorlesungen „reine Ironie“ genanntes Verfahren in seinen Romanen dementiert wird. Das Erkenntnisinteresse dieser Arbeit liegt deshalb nicht so sehr im Bereich dessen, dass es Walser darum geht, „die Welt neu zu erkennen“ (Yuk 2002: 8), sondern darin, wie er Möglichkeiten schafft, die Welt so zu inszenieren, wie sie im Bewusstsein des Lesers werden sollte. Das Erkenntnisinteresse dieser Arbeit ist es nicht so sehr, festzulegen, ob Walser recht hat oder nicht, sondern mehr wie er als Autor und Erzähler „gut“ und „böse“ in einem Abschnitt seines Werks so inszeniert, dass die „rhetorische Ironie“ als böse inkriminiert und verkürzt wird. Bei der Ausführung des Wie dieser Inszenierung erweist sich Folgendes als besonders relevant: Die Erzählperspektive, die zwar einem personalen Erzähler gehört, fokalisiert sich auf das Bewusstsein der „reinen“ ironischen Figur. Über das Bewusstsein der „rhetorischen“ Figur hingegen fehlt jeglicher Hinweis. Indem die Erzählperspektive nur das Äußere der „rhetorischen“ Figur zum Thema macht, kann sie stilistisch genauso „technisch“ die rhetorische Figur in der Darstellung manipulieren. Die „reine Ironie“ von Walsers Erzähler hat die Funktion, die „rhetorische“ Figur durch die Verkürzung um ihre Innenseite als böse zu inszenieren.
"Ein fliehendes Pferd"
Seit Jahren fahren Helmut und Sabine Halm in die Ferien an den Bodensee. Es sind Ferien, die sie anspruchslos beginnen und die einfach so an ihnen vorbeiziehen.
Vom Cafétisch aus betrachtet Sabine die Promenierenden auf der Uferpromenade. Helmut wünscht sich nichts sehnlicher, als dieser Abendidylle zu entfliehen und die Tagebücher von Kierkegaard zu lesen.
Dann aber passiert etwas, das ihre anspruchslose Ruhe stört. Plötzlich steht Helmuts alter Jugendfreund, Klaus Buch, vor ihnen und will nicht wahrhaben, daß Helmut, der mittlerweile auch schon sechsundvierzig Jahre alt ist, ihn nicht mehr erkennt. Neben Klaus Buch, jung und braungebrannt, steht seine Frau Helene, ebenfalls braungebrannt wie er. Immer wieder muß Klaus Helmut alte Geschichten erzählen, damit sich dessen Gedächtnis regt. Doch ohne jedes Interesse beginnt Helmut, die alten Erinnerungen anzuerkennen. Nichts bereitet ihm größere Abneigung als Vergangenes.
Wie anders und intensiv muß Klaus Buch gelebt haben, wenn ihm selbst noch die kleinsten Details zum Greifen nah erscheinen. Helmut gibt sich sehr pessimistisch, er sieht die Erinnerungen, sowie die Gegenwart, aus einem negativen Blickfeld. Von nun an plant Klaus Buch das Programm der gemeinsam zu verbringenden Ferientage. Äußerlich geben sich Helmut und Klaus als gute alte Freunde, die in alten Erinnerungen schwelgen, doch innerlich führt von Helmut kein Weg zu Klaus Buch, da stimmt nichts überein. Helmut verschweigt dies jedoch und spielt die Rolle des Jugendfreundes.
Nur ein einziges Mal, bewundert er Klaus Buch ohne Vorbehalt: Als sie von einer Wanderung zurückkommen, rast ihm ein fliehendes Pferd entgegen. Der Bauer kann es nicht halten und so fängt Klaus Buch es gekonnt ein. Er erklärt später: "Einem fliehenden Pferd kannst du dich nicht in den Weg stellen, Es muß das Gefühl haben, sein Weg bleibt frei. Und: ein fliehendes Pferd läßt nicht mit sich reden". Für einen kurzen Augenblick sind sich alle einig, danach wächst die Kluft zwischen ihnen wieder und ihr scheinheiliges Rollenspiel geht weiter.
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